5.3 Plädoyer für eine Systemtheoretische Betrachtung

Nachdem wir uns im ersten Abschnitt der soziologischen Betrachtung mit der Entstehung der Öffentlichkeit befasst haben, gilt es nun, die heutigen Zustände, welche durch das Internet beeinflusst werden, zu verorten. Hierzu scheint die soziologische Systemtheorie, welche vor allem durch Niklas Luhmann geprägt wurde, die beste Möglichkeit zu sein.

Das Problem bei der soziologischen Einordnung von gesellschaftlichen Bewegungen im Internet liegt daran, dass wir dort einem kontinuierlichen Wandel ausgesetzt sind. So scheint das Aufkommen der sozialen Netzwerke derzeit noch die traditionelle Soziologie zu überfordern, da nur eine sehr geringe Anzahl an Publikationen vorzufinden ist. Eine erstaunliche Tatsache, wenn man bedenkt, wie weit das Internet bereits in unserem Alltag integriert ist und, zumindest in der westlichen Welt, nahezu unersetzlich ist. Dieses konstante Desinteresse der Wissenschaft führt dazu, dass bei einer einfachen Suche über Google scheinbar mehr Hausarbeiten von Studierenden aufzufinden sind, als handfeste wissenschaftliche Publikationen.

Trotz dieses schweren Standings in der Wissenschaft, bestehen dennoch einige Publikationen die sich umfassend mit dieser Materie auseinandergesetzt haben. Für diese Arbeit waren vor allem die Überlegungen von Markus Kluba von großer Bedeutung. In seiner Publikation „Massenmedien und Internet – eine systemtheoretische Perspektive“[1] finden wir einen äußert interessanten und umfassenden Versuch der systemtheoretischen Einordnung des Internets.

Die Systemtheorie gehört zu den jüngeren und aktuelleren Theorien der modernen Soziologie. Niklas Luhmann veröffentlichte im Jahr 1964 sein erstes Buch „Funktionen und Folgen formaler Organisation.“[2] Bekannt wurde die Systemtheorie jedoch erste durch die Auseinandersetzung Luhmanns mit Jürgen Habermas Anfang der 1970er Jahre. Durch große Aufmerksamkeit bestätigt, arbeitete Luhmann an seiner Theorie weiter und veröffentlichte schließlich im Jahr 1984 das Buch „Soziale Systeme“, mit dem er die erste umfassende Beschreibung seiner Theorie lieferte und „die Soziologie grundbegrifflich auf Kommunikation festlegte.“[3] Während seiner Forschungslaufbahn beschäftigte sich Luhmann mit der Analyse verschiedener gesellschaftlicher Teilbereiche, wie z. B. dem Recht, der Politik oder auch Protestbewegungen.[4] Im Jahr 1997 veröffentlichte Luhmann schließlich seine letzte Arbeit „Die Gesellschaft der Gesellschaft“, welche auch die wichtigsten Inhalte für die hier verfasste Arbeit bietet, bevor er im Jahr 1998 verstarb.

Luhmanns Theoriefindung besaß eine unglaubliche Breite und wirkte sich auf die unterschiedlichsten akademischen Disziplinen aus. Vor allem die Sprach- und Literaturwissenschaften profitierten von den Thesen Luhmanns. Dieser Umstand deutet bereits an, wie umfassend das hier beschriebene Theoriewerk zu sein scheint.

Da wir es hier mit einem äußerst komplexen Forschungsgegenstand zu tun haben, wird zunächst eine kurze Einführung in die Systemtheorie vorgenommen werden, bevor im darauffolgenden Teil die Anwendung der systemtheoretischen Matrix in den Fokus der Beobachtung rückt.

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[1] Kluba, Markus 2002: Massenmedien und Internet – eine systemtheoretische Perspektive. In: Networx 2002 (Nr. 26) (20.02.2012)

[2] vergl. ebd.: S. 6

[3] ebd.: S. 7

[4] vergl. ebd.